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Vor 75 Jahren, Folgen 1+2+3

(WS – 05.04.2020) Vor 75 Jahren, im April/(8.Mai) 1945, endete der II Weltkrieg. Wie die Gemeinde Walchum diese Zeit erlebte, darüber wollen wir hier mit ein paar Zeilen aus der Walchumer Schulchronik informieren.
 
Wir berichten in drei Folgen in den nächsten Tagen zeitnah weiter über die Sprengung der Emsbrücke und den Einmarsch der allierten Truppen in Walchum.
 
Folge 1: März 1945

Errichtung von Panzersperren
Immer weiter rückten die feindlichen Armeen in deutsches Gebiet ein. Es ist Mitte März 1945. Anstatt durch schnellen Abschluss eines Waffenstillstandes dem unnützen Blutvergießen und der unheilvollen Verwüstung unseres Vaterlandes Einhalt zu tun, wurde das Volk immer noch durch die verlogene Nazipropaganda Goebbels zum Aushalten und zur Verteidigung bis zum letzten Mann aufgefordert. So wurden, wie schon vorher ausgeführt, überall im Lande Verteidigungsanlagen errichtet. Auch auf der linksemsischen Seite wurden nun Panzersperren gebaut. Die erste und größte Panzersperre wurde vor der Steinbilder Brücke diesseits der Ems von Pionieren errichtet. Ferner wurde die schöne Steinbilder Emsbrücke von einem Pionierspreng-Kommando, das in Steinbild untergebracht war, für eine Sprengung vorbereitet. Weitere Panzersperren mussten vom Volkssturmzug Walchum im Zuge der Lagerstraße (Anm. der Red.: Heute Hasselbrocker Straße) vor dem Wassergraben unterhalb des Luddenhofes (Anm. der Red.: östlich der Gaststätte Eiken) und bei den „Risseln“ (Anm. der Red.: Das Flurstück befindet sich westlich der Sustrumer Str. an der Gemarkungsgrenze zu Sustrum.) zwischen Walchum und Sustrum angelegt werden. Außerdem stand noch eine Sperre vor der Brücke über den Walchumer Vorfluter (Walchumer Schloot) an der Straße nach Dersum, vom Dersumer Volkssturm erbaut. Viel gutes Nutzholz, das die einzelnen Gemeinden aus ihren Waldungen zur Verfügung stellen mussten, wurde für eine nutzlose und zwecklose Sache verschwendet.
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Folge 2: 9. April 1945
Sprengung der Emsbrücke
Die alliierten Truppen hatten bereits das Ruhrgebiet und das Münsterland besetzt. In den ersten Tagen des April 1945 stand der Feind bereits vor der Stadt Meppen. Schon vor einiger Zeit hatten Pioniere sämtliche Ems- und jede kleinste Kanalbrücke sprengfertig gemacht, auch unsere schöne Steinbilder Brücke. Nun sollte auch sie ein Opfer dieses elenden Krieges werden. Als am Montag, den 9. April 1945 früh gegen 5 Uhr feindliche Truppen in Lathen eingerückt waren und es dort zu kurzen Kämpfen gekommen war, ging am selben Tage gegen 8.30 Uhr morgens unsere Emsbrücke in die Luft. Somit hatte unsere Brücke, die 1934 fertiggestellt worden war, zu bestehen aufgehört. Am selben Tage noch wurde Steinbild von feindlichen Truppen besetzt. Damit war die Verbindung zwischen Walchum und Steinbild unterbrochen.
Alte Emsbrücke-web640Die alte Emsbrücke wurde 1934 eröffnet.
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Folge 3: 15. April 1945

Ein Augenzeugenbericht vom damaligen Hauptlehrer der Volksschule Walchum, Bruno Heinrici.
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Einmarsch alliierter Truppen in Walchum am 15. April 1945
Während also die rechtsemsische Seite bis Dörpen sich in alliierter Hand befand, war der Vormarsch auf der linken Emsseite infolge der gesprengten Brücken über den Haren-Rütenbrock-Kanal ins Stocken geraten. Am Walchumer Vorfluter entlang hatte eine Marineformation vermischt mit SS-Truppen eine Verteidigungsstellung gebaut und besetzt. In der Nacht zum 15.4.1945 wurden sämtliche Brücken über den Vorfluter gesprengt, und die deutschen Truppen zogen sich nach Heede zurück. Somit war die Gefahr, dass die beiden Dörfer Walchum und Dersum zum Kampffeld wurden, vorüber. Am Sonntag, den 15. April 1945 gegen Mittag rückten dann feindliche Panzertruppen von Sustrum kommend in Walchum ein. Ich verließ gerade die Kirche in Sustrum, als ich von ferne das Rollen von Panzern vernahm. Als ich mich am Nordausgang des Dorfes Sustrum befand, pfiffen mir Maschinengewehrkugeln über den Kopf. Da ich Walchum vor Eintreffen der Panzerspitze nicht mehr erreichen konnte, suchte ich Zuflucht in einem der letzten Häuser am Dorfausgang. Hier sah ich nun leichte, schwere und schwerste Panzer sowie Panzerspähwagen an mir in unabsehbarer Reihenfolge vorüberrollen. Einige rollten querfeldein auf Walchum zu. Bei den „Risseln“ “ (Anm. der Red.: Das Flurstück befindet sich westlich der Sustrumer Str. an der Gemarkungsgrenze zu Sustrum.) gab es einen kurzen Aufenthalt infolge der dortigen Sperre. Dann blitzte es mehrmals auf und kurz darauf sah man dicke schwarze Rauchwolken zum Himmel steigen und kurz danach auch noch an einer weiteren Stelle in der Nähe der Emsbrücke. Es waren die Häuser von Hermann Behrens und Heinrich Cremering, die infolge eines Missverständnisses durch Brandgranaten in Brand geschossen wurden und in Flammen aufgingen. Das Missverständnis kam dadurch, dass von der Steinbilder Seite mit Maschinengewehren und Granaten geschossen wurde in der Annahme, dass deutsche Panzer vorüberrollten. Die einrückenden feindlichen Truppen waren dagegen der Annahme, dass diese Schüsse aus dem in einem Tannenbusch gelegenen Hause des H. Behrens von deutschen Truppen kamen. Das Cremeringsche Gehöft liegt ebenfalls in der Schussrichtung. Wie später festgestellt wurde, war das Behrens’sche Haus vollständig niedergebrannt, während von dem Cremeringschen Anwesen nur das Stallgebäude ausgebrannt war. Mittlerweile war der Vormarsch zum Stehen gekommen, denn sämtliche Brücken über den Walchumer Vorfluter waren ja gesprengt bzw. zerstört worden. Nun ging ich an der langen Reihe der Panzerwagen, Panzerspähwagen usw. vorbei meinem Heimatdorf Walchum entgegen. Dabei kam mir so recht zum Bewusstsein, dass wir gegen dieses gewaltige Material niemals den Krieg gewinnen konnten, und dass die ganze Goebbels-Propaganda nur auf Lug und Trug aufgebaut war. Als ich in Walchum ankam, waren überall an den Häusern weiße Fahnen gehisst, was ich auch schon in Sustrum festgestellt hatte. Die Walchumer männliche Bevölkerung wurde dann gezwungen, bis 4 Uhr nachmittags die Brücke auf der Marsch in Richtung Dersum, von der man den Bohlenbelag entfernt hatte, neu mit Baumstämmen und Brettern zu belegen. Kurz nach 4 Uhr war dann auch die Notbrücke und damit der Übergang über den großen Wasserschlot fertiggestellt, und die Panzerkolonne rollte nun in Richtung Dersum weiter. Nur wenige Fahrzeuge blieben zur Bewachung in Walchum zurück. Die alliierten Truppen haben sich, von kleinen Requirierungen von Lebensmitteln abgesehen, der Zivilbevölkerung gegenüber sehr anständig benommen und keinen Anlass zur Klage gegeben.
Aber noch ein weiteres Gehöft ging durch Panzerbeschuss in Flammen auf. Es handelte sich um das Haus des Landwirtes Heinrich Schuten, das außerhalb des Dorfes in nordwestlicher Richtung gelegen ist. Ein Panzer hatte querfeldein den Nordesch abgestreift und dabei ohne Grund das Wohn- und Stallgebäude des Landwirtes Schuten, der zudem noch holländischer Staatsangehöriger war, in Brand geschossen. Ein betrunkener alliierter Soldat verletzte außerdem ebenfalls ohne Grund den einzigen Sohn des Hauses Bernhard Schuten durch Bauchschuss so schwer, dass derselbe an den Folgen am nächsten Tage verstarb. Er wurde in Dersum begraben.
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Nachtrag der Red.; hier noch ein weiterer Bericht eines Augenzeugen, des Bauern Heinrich Schweers: „Ein Panzer ist von Sustrum kommend über den Südesch gefahren, dann westlich des Dorfes hinter den Höfen entlang, hat die Lagerstraße (Hasselbrocker Straße) überquert und ist durch den Garten der damaligen Tischlerei Schulte und dann über den Nordesch in Richtung Dersum gefahren.“

……………………………………………………………….– Ende –