(WS – 15.01.2014) Als „beeindruckende“ Fundstelle bezeichnete die archäologische Grabungsleiterin von der Firma Denkmal 3D aus Vechta, Claudia Melisch, während einer Pressekonferenz im Heimathaus das Ergebnis der zweimonatigen Bodenuntersuchung im Walchumer Nordesch. Frau Melisch und Kreisarchäologin Dr. Andrea Kaltofen erläuterten das Ergebnis der Ausgrabungen.
Das fünf Hektar große Baugebiet zwischen dem Heimathaus und der Dersumer Straße, das für das Einkaufs- und Gesundheitszentrum vorgesehen ist, musste gemäß den gesetzlichen Vorgaben für den Schutz alter Kulturgüter auf eventuelle archäologische Funde untersucht werden. Bei einer ersten Untersuchung im September 2013 wurden Anzeichen von Besiedlungen und Brandbestattungen gefunden.
Daraufhin wurden ab dem 4. November 2013 weiterführende archäologischen Ausgrabungen begonnen und werden am 24. Januar abgeschlossen.
Die Flächen wurden bis zu einer Tiefe von 1,50 m freigelegt. In der Süd-/Westecke am Bischofsweg entdeckte man ein Gräberfeld. Es handelt sich hierbei um Brandbestattungen in Ton-Urnen oder auch in organischen Behältnissen wie Leder, Stoff oder Holz, datiert auf ca. 300- 500 vor Chr.. In einer Urne befand sich ein Tonbecher mit einer Totenbeigabe, vielleicht ein religiöser Brauch für die Reise ins Jenseits. Die Urnen befanden sich immer zischen den zahlreichen Eschgräben und blieben somit erhalten. Diese Eschgräben sind durch die Düngung des Eschbodens entstanden. Im Mittelalter wurden abgestochene Gras- oder Moorplaggen in die Viehställe eingebracht und der dadurch entstandene Dung wurde in bis zu 40 cm tiefe Gräben im Eschboden mit dem Eschsand vermischt und als Dünger verstreut.
Ferner fand man dort Hügelgräber in Kreis- oder schiefen Rechteckstrukturen, datiert auf das 1. Jahrhundert nach Chr.. Diese wurden jedoch ebenfalls im Mittelalter durch die landwirtschaftliche Bearbeitung zerstört.
Im nördlichen Teil des Areals fand man schwarz/braun verfärbte runde und längliche Flecken. Durch weitere Untersuchungen konnte man eine Ansiedlung aus der römischen Kaiserzeit mit Hausstellen, Einfriedungen, Feuerstellen und Gruben nachweisen. In den Hausstellen wurde folgendes gefunden: 7 Münzen aus der römischen Kaiserzeit, die älteste datiert aus 20 n. Chr., 1 Schmuck-Fingerring, 1 Eisennagel, 2 Musketenkugeln, 1 Glasperle, 1 Abstandshalter (für Töpfe), 1 Spinnwirtel (für Spinnrad) aus Ton, 1 bronzene Schale sowie diverse Keramikscherben (siehe Fotos). Die Fundsachen werden in Vechta restauriert und konserviert. Die Funde gehören (rechtlich etwas unsicher) der Gemeinde Walchum, sie werden aber (evtl. nach einer kurzen Ausstellung im Heimathaus) voraussichtlich im Kreismuseum in Meppen archiviert. Während der Konferenz im Heimathaus befürwortete der Bürgermeister der Samtgemeinde Dörpen, Hermann Wocken, grundsätzlich die Ausgrabungen zum Erhalt der alten Kulturgüter. Er brachte aber ebenso klar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Gemeinden finanziell nicht allein lasse dürfe und fügte an: „ Es darf nicht sein, dass wichtige Projekte dadurch verhindert werden.“ Laut Gesetz muss nämlich die Gemeinde die gesamten Kosten tragen, über die Höhe wollte man jedoch keine Angaben machen. Bürgermeister Hermann Schweers merkte an, dass die Grundstückspreise voraussichtlich um drei bis vier Euro pro Quadratmeter teurer würden. Da die Baufläche jetzt freigegeben sei, werde es laut dem Bürgermeister für die geplanten Bauvorhaben durch die Ausgrabungen keine Terminverzögerungen geben.
Am Freitag, den 4. April um 19 Uhr, findet im Heimathaus in Walchum eine Präsentation über die Ausgrabung und Fundstücke statt.
Alle Fotos siehe Fotogalerie, Fotos 2014, zu den Fotos bitte hier klicken!
Foto anlässlich der Pressekonferenz auf der „Baustelle“: Frau Melisch erläutert Bürgermeister Schweers die Fundstelle der Tonscherbe.
(von links) Bürgermeister Hermann Schweers, Grabungsleiterin Claudia Melisch, Kreisarchäologin Dr. Andrea Kaltofen, Falk Näth von der Firma Denkmal 3D, Bauamtsleiter der SG Dörpen Johannes Haskamp sowie SG Bürgermeister Hermann Wocken. Foto: W. Schweers
Foto Fundsachen: (oben von links) 1 Spinnwirtel (für Spinnrad) aus Ton, 1 Schmuck-Fingerring, 1 Eisennagel, Keramikscherbe, Keramikscherbe, 1 Glasperle, 1 Abstandshalter (für Töpfe).
(unten von links) Münze, Münze, Münze, Musketenkugel, Münze, Münze. Die Fotos der Urnen siehe unter Fotogalerie. Fotos: W. Schweers